Bertram Engel im exklusiven Interview – So wirst du der beste Schlagzeuger


Mit alten Männern spiel ich nicht! Dieses Statement ist nicht nur der Titel von Bertram Engels neuem Buch, sondern es ist auch die Philosophie, die ihn als Musiker prägt. Er steht für lebendige grooves und einen Drum-Sound, wie man ihn nur selten auf den Bühnen dieser Welt findet. Bei der Frankfurter Buchmesse hatten wir das große Glück und das Vergnügen die “Schlagzeug-Legende” persönlich kennenzulernen und ihm die ein oder andere Frage rund ums Musikbiz zu stellen.

Burning-Music: Was was war denn die Ambition ein Buch zu schreiben war das so eine Idee, die über Nacht kam, oder war das schon immer auf der Todo Liste?

Bertram Engel: “Ne das kam nicht über Nacht. Meine Frau Petra, die hat mir seit Jahren gesagt du erzählst immer so viele Geschichten aus dem aus dem Krieg, also so aus den alten Zeiten, wo wir teilweise noch in Schwarz-Weiß gespielt haben. Weil ich bin ja groß geworden in den 70er Jahren. Da hab ich angefangen professionell zu spielen. Also 1976 ging es los bei mir, bis heute das heißt, ich spiel professionell seit 50 Jahren – und das auch mainly bei diesen beiden Acts Udo Lindenberg und Peter Maffay. Und da gibt’s natürlich unglaublich viele Geschichten im Laufe der Jahre so zu erzählen – und da sagt meine Frau: “Du erzählst das abends immer in der Hotelbar oder in den Tourbussen und alle lachen sich tot und alle finden das total irre spannend. Nach 50 Jahren müsstest du jetzt mal das aufschreiben.” Ja aber ich bin ja kein Schreiber und abends an der Holtebar ist es natürlich so, da hat man mal einen Wein getrunken und dann erzählt man diese Geschichte. Aber wie erzähle ich die jetzt in einem Buch?. Und dann sagte meine Frau: “Was ist eigentlich mit Tom Schäfer? Dein Freund Tom der dich seit 20 Jahren interviewt. Der kennt dich genau der ist ein Schreiber, der ist Journalist. Der könnte das doch umsetzen, wenn du ihm diese Geschichten so wie anderen abends im Tourbus oder in der Hotelbar ihm das so erzählst.” Und es ging los in der Coronazeit. Da war’n die lockdowns. Da hatte man Zeit und wir haben uns Gedanken gemacht, wie man das angeht. Da haben wir immer gesagt wir machen immer so 3-4 Jahre bspw. von 77 bis 81. Was war da? Was oder was war von 1957 bis 64? Kann ich mich nicht mehr genau erinnern, aber ich weiß was mein Bruder mir erzählt hat, der 9 Jahre älter ist. So konnte ich aus der Kindheit die Sachen hervorholen. Dann hat Tom meinen Bruder interviewt. Wie war das damals wirklich, was hat der Bertam erzählt?, was weiß der noch und was weißt Du besser?
und professionell ging’s halt 1977 los und dann sind wir so richtig dekadenmäßig vorgegangen und haben jede Woche uns die Jahre vorgenommen, die Jahre dann genau recherchiert noch mal war das wirklich am 19. Februar dann und dann oder war das hast du dich um ein Jahr vertan? Wann kamen die Bonuszahlung nicht mehr?.. solche Sachen sind natürlich dann auch mal erwähnt. So wie das Business wirklich abläuft. Weil es wird viel in Biografien immer so ver-glorifiziert sage ich mal und alles romantisiert und alles ist toll und wir sind alles Popstars. Das wird alles so ein bisschen so, dass man so Macho mäßig darüber lachen kann. Ich habe es sehr straight ausgedrückt, manchmal auch wirklich sehr sehr ehrlich, so wenn ich es jetzt nachlese und ich mir manchmal Gedanken mache, wow das habe ich jetzt wirklich da veröffentlicht. Ich habe dazu gestanden, weil es ist einfach die Wahrheit.”

BM: Du bist, ich weiß nicht ob das Format noch läuft oder schon abgedreht ist, auch Juror bei bei ner Sendung (Tribute) schon fertig ja. Ist es heute einfacher oder schwieriger noch mal den Weg eines Rock n Rollers zu gehen, als Musiker Karriere zu machen, als professioneller Berufsmusiker oder ist es irgendwie durch TikTok und alles anders oder einfacher?

Bertram Engel: “Also ich habe den Eindruck, dass es sich nicht viel verändert hat, weil ich sage mit alten Männern spiele ich nicht. Ja heißt für mich, du musst im Kopf jung bleiben, dich auch mit den neuen Medien auseinandersetzen und irgendwie dabei bleiben sonst bleibst du nicht am Ball. Ich will ja heute noch so spielen auch am Instrument, wie ich das vor 30 Jahren getan habe. Heute geht man mal früher ins Bett, man macht mehr Sport, man ruht sich mehr aus, das hat man damals nicht gemacht. Aber wenn ich so leben würde wie ich damals gelebt habe, dann wäre ich jetzt tot, oder könnte auch so nicht mehr spielen – und dann wird’s alt. Ja also ich glaube ich bin körperlich im Kopf jung geblieben, sodass ich heute noch so spielen kann wie vor 30 Jahren.
Vom Business her ist es glaube ich nicht einfacher, nicht schwerer geworden, es sind, habe ich den Eindruck, mehr gute Leute sofort sichtbar. Durch die Social Medias das gab’s damals nicht. Wenn du damals ein guten Spieler irgendwo gebraucht hast in irgendeinem Land in irgendeiner Stadt, musstest du den wirklich erstmal finden. Das war wirklich wie Perlen aus einer aus einer Auster suchen. Heute werden die Perlen schon präsentiert im Internet. Du gehst über Tiktok, Instagram und findest die ganzen Sachen. Da präsentieren sich Leute, die spielen wie die Teufel. Das sagt aber noch nicht unbedingt über die Menschlichkeit oder die Persönlichkeit was aus. Die können sich natürlich präsentieren können viel faken heutzutage mit künstlicher Intelligenz, was da manchmal alles präsentiert wird, wo du das dann glaubst und in realtime, wenn du den Typen dann kommen lässt, ist es nur halb so, wie er sich präsentiert hat. Ja das ist die Gefahr jetzt…. Ich glaube das ist Jammern auf hohem Niveau, wenn man sagt, heute wäre es schwerer oder leichter ich glaube da hat sich eigentlich grundsätzlich nicht viel verändert. Nur die Machart hat sich geändert. Wenn du ein guter Spieler bist und bist ein guter Künstler, du musst dich ja entwickeln, bist du ein guter Künstler – und dann musst du das Vorführen. Ja da kannst du das nicht über nur ein kleines Video auf Youtube oder auf Tiktok machen. Sondern du musst hier und jetzt bereit sein: Spiel mal! Viele spielen was vor das ist dann 2 Minuten lang. Aber kannst du das gleiche 10 Minuten lang? und 10 Minuten können die das schon nicht mehr. Die probieren das mal 2 Minuten aus, aber diese Konstanz dass wir ein Stück – ich habe das manchmal bei jungen Leuten gemerkt – du ziehst ein Stück 10 Minuten durch. Nur diesen einen Beat, das können die gar nicht. Die Fragen wieso? – Wir spielen doch diesen einen Beat eine halbe Minute und dann wird das geloopt im Computer.. Wie 6 Minuten durchpielen? Warum denn? Ja, weil Emotion in der Musik ist. Weil du im nächsten Refrain in der Popmusik vielleicht eine andere Emotion hast, weil der Text anders ist, also spielst du auch anders. Weil du spielst zu diesem Text anders als bei der ersten Strophe. Reißt du das alles computermäßig hintereinander ist es gefühllos, hat kein Groove, das ist einfach so und da trennt sich der Spreu immer wieder vom Weizen.

Eine Künstlerin wie Adele, mega Erfolg. Die ist ja auch modern und gleichzeitig Vintage und Retro. Die schreibt fantastische Songs, Lady Gaga und solche Leute sind auch total angesagt aber die sind auch nicht die jüngste Generation mehr und die und die füllen aber hier Stadien, damit eigene Stadien in München gebaut für Adele, damit die ein Monat da spielt von 500.000 Leuten. Das ist ja gigantisch und das ist eine fantastische Künstlerin, das ist nicht KI – und sondern die kann wirklich singen.”

BM: Ja und du kannst auch begnadet spielen wie relevant ist für dich eigentlich Equipment jetzt sind wir hier in Frankfurt auf der Buchmesse. Du warst bestimmt das ein oder andere Mal schon auf der Musikmesse hier, vielleicht auch früher schon mal mühsam Equipment zusammengesucht sponsorn lassen. Kann man dich heute immer noch mit Equipment (Marken) hinter’m Ofen hervorlocken oder sagst du ich kann auf allem spielen?

Bertram Engel: Nein es kann alles sein. Ich spiele auf allem mittlerweile. Früher war ich da Picky, aus Unsicherheit, weil ich sag, wenn ich dies und jenes Pedal nicht gehabt habe dann kann ich heute nicht spielen so. Da habe ich gesagt du bist so bescheuert, du machst dich psychisch so fertig damit. Ich muss in der Lage sein, wenn ich gut bin, auf allem zu spielen, was mir vorgesetzt wird und zwar genauso gut. Klar, es inspirieren bestimmte Instrumente bestimmt. Wenn ich eine tolle Trommel hab oder tolles Pedal habe, dann inspiriert das – ich habe jetzt von Porter & Davies, diesen Sitz, wo du praktisch ein Monitor im Hintern hast ja und das ist anders als diese diese Spiralen, die man manchmal gehabt hat. Buttkicker nannte man das. Da ist dann so da hast du eine Vibration aber der hatte eine Latenz. Das heißt der Sound, ich trete rein und der Sound kommt irgendwie ein bisschen später – und das das ist so wie Sex haben mit Kondom ja und das andere Ding ist echt- Da fühlst du dich wie ohne Kondom. Du haust da rein weil der Lautsprecher in dem Sitz ist, das heißt du hast immer eine Latenz. Vom Lautsprecher durch ein Kabel in die Bassdrum. da gibt’s eine Latenz, aber für menschlich nicht mehr nachvollziehbar. Das heißt die haben ein Teil entwickelt was Menschenlich nicht mehr nachvollziehbar ist, das heißt du denkst du trittst rein und der Sound ist sofort da. und das inspiriert, weil ich höre so genau jeden Kick, dass ich viel genauer spielen kann. Du musst auch genauer spielen – du kannst nicht mehr mogeln. Weil das ist so genau und so exakt dass du jede Scheiße merkst. Da merkst du sofort welcher Schlag nicht sitzt also du musst schon sehr gut sein mit so Teil zu arbeiten

BM: Du gehst bald auf Tour, was kann man da erwarten? Was passiert da genau?

Bertram Engel: Ich mache eine Lesung aus dem Buch also Ausschnitte Auszüge aus dem Buch “Mit alten Männern spiel’ ich nicht“, lese ein Kapitel und Spiel dann immer einen Song, jeweils den ich komponiert habe. Für Maffay, für Lindenberg, für viele andere Künstler, für die ich geschrieben habe auf dem Flügel. Das ist nicht meine Comfortzone, aber das ist das erste instrument was ich gelernt habe.

BM: Mega das wissen ja auch viele nicht, dass du ja begnadeter Songwriter und alles bist und das kannst du mal alles auf den Tisch legen jetzt.

Bertram Engel: “Genau und da will ich mal vorfühlen, die originalen Nummern, die bei Maffay teilweise auf Platin Schallplatten veröffentlicht wurden, singt jetzt der originale Komponist selber. Zwischendurch lese ich die Geschichten, dann passieren auf einer Leinwand die alten Fotos, wenn ich über meinen Vater erzähle der gestorben ist, taucht der auf in so einem Segelflugzeug, mit dem er abgestürzt ist – sehr emotional. Ich zeig die erste Jimmy Hendriks Platte, die ich gekauft habe als 10 jähriger, gibt so ein Foto wo ich dieses Cover aufklappe und Spiel dann diese Hendriks Nummer, die mich damals beeinflusst hat, spring dann praktisch an das Instrument. Also ich verbildliche sozusagen das Buch auf der Bühne. Das ist eine Performance, Lesung und Konzert.

BM: Wir bedanken uns herzlich für deine Zeit und wünschen dir für die Tour und generell nur das Beste!