Mitte der 90er, als Tobias Regner noch in einer New Metal-Band spielte und ich meine ersten Short Storys verfasste, bastelte ich für den lokalen Bürgerfunk. Die erste eigene Stunde durfte ich mit einer Musiksendung füllen. Es war die Zeit der Extreme. Eurodance und Scooter auf der einen Seite, Grunge und Sonic Youth auf der anderen. Wer Deutsch sang, verlor sich entweder im Kitsch oder in den verrätselten Gleichnissen des Diskurspop. Und ich? Ich wollte die Mitte. Die Klarheit. Den geraden Weg. Meine Sendung sollte heißen: Straight ahead. Ich war auf der Suche nach offenherzigen, bewegenden Songs, die dich wie ein guter Freund an der Schulter packen und schütteln. Die auf den Punkt bringen, was wir fühlen, denn wir fühlen nicht ironisch gebrochen im 11/7-Takt. Und wir wollen auch nicht immer schreien. Meine Sendung füllte ich damals mit den Goo Goo Dolls, den Counting Crows, den Gin Blossoms, Collective Soul und Live. Auf Deutsch gab es so was nicht
Tobias Regner macht, was ich damals gesucht hatte. Der klassisch ausgebildete Musiker (er spielt alle Gitarren und Tasteninstrumente selbst ein) präsentiert mit seinem Bruder Michael (Schlagzeug) und Bassist Ben Mörtl einen Rock, den man kaum als Mainstream bezeichnen kann, wenn man bedenkt, wie selten es ihn hierzulande gibt. Mal treibend hymnisch wie in Doppelter Bodenoder Wenn Du Feuer fängst. Mal mit Snow Patrol-artiger, perlender Dramatik wie in Ich bin hier.Mal federleicht beschwingt wie im augenzwinkernden Kein Sommer für Helden, der das Scheitern ins Leben holt, ohne ironisch zu werden. Überhaupt gibt es auf Besser jetztweit und breit keinen Bruch – und das ist gut so! Von dem guten Freund erwartet man Hilfe und Halt statt Debatten und Diskurse. Man erwartet, dass er die Zweifel, die Lebenskrisen und den Scheiß Liebeskummer besser in Worte fasst, als man selbst es könnte. Und in Töne. Für die hat Tobias Regner wie schon auf dem ersten Studioalbum mit Produzent und Songwriter Tobias Röger zusammengearbeitet, der unter anderem auch für Udo Lindenberg, Christina Stürmer oder Roger Cicero arbeitete. Regner und Röger – das ist ein Team mit Zukunft, wie Besser jetzt eindrucksvoll belegt. Die Klangästhetik und Melodiebögen Rögers sind wie Ideallinien auf der Rennstrecke für Regners charismatische Stimme. Von Creed und dem Post Grunge ist nur die Lust auf große Melodien geblieben, hervorgebracht mit Herz und Volumen. Mal croont er warm und tief, mal erhebt er seine Stimme horizontweit. Immer aber ist er dabei Tobias Regner. Einer, der sich gefunden hat, weil er die Castingshow souverän als Trittbrett für seine eigene musikalische Laufbahn nutzte und nicht den Verlockungen im Kielwasser der Sendung nachgab, in der „Sieger“ die Möglichkeit haben, statt integrer Sänger gut bezahlte Darsteller für Dschungel-, Dinner- und Dumpfbackenshows zu werden.
(Oliver Uschmann)
Photos: BiLut
Tourdaten:
Mi. 25.09. Ludwigshafen / Das Haus
Do. 26.09. Karlsruhe / Radio Oriente
Fr. 27.09. Frankfurt / Nachtleben
Sa. 28.09. Bielefeld / Stereo
Mi. 02.10. Hamburg / Indra
Do. 03.10. Celle / CD-Kaserne
Fr. 04.10. Bad Segeberg / Jugendzentrum Mühle
Di. 15.10. Köln / Blue Shell
Mi. 16.10. Gera / Comma
Do. 17.10. Cottbus / Bebel
Fr. 18.10. Berlin / Privatclub
Sa. 19.10. Ascheberg / Landgasthof Langenrade
Sa. 16.11. Baden Baden / Rantastic/Rock gegen Ausgrenzung
Band:
Ben Mörtl – Bass
Michi Regner – Drums
Rupert Hagenauer – Gitarre
Tobias Regner – Gitarre, Vocal
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